Meine Marathons 2021 – auf Rhein und Maas
Die Düsseldorfer Germanen des gleichnamigen Ruderclubs hatten wieder gerufen – die sind da wirklich hartnäckig: auch im vergangenen Corona-Jahr hatten sie sich es nicht nehmen lassen eine Anzahl „Verrückter“ den Rhein 42,8km herunter rudern zu lassen (ich berichtete). Dieses Jahr war der Ruf aus Anlass der 50. Jährung des RHEINMARATHONs von Leverkusen nach Düsseldorf noch lauter als sonst.
Titelverteidigung hieß es für mich und meine Mixed-Mannschaft der Altersklasse 55+ oder besser ‚keine Gnade …‘ – dem Gegner, den Wellen, der Erschöpfung oder den Schubverbänden? Das Ergebnis war wie erhofft: Goldmedaille in 2Std und 22min mit beruhigendem Vorsprung – der allerdings erst mit der Siegerehrung klar wurde.
Eine besondere Geschichte ist die geniale Schubverband-Überholaktion unserer Steuerfrau Silvia.
Mehrmaliges Herankämpfen, in den Wellen scheitern, nochmals dem Schiff nähern und just in dem Moment als es die Fahrtlinie von der Innenkurve nach Außen wechselt mit leicht erhöhter Schlagzahl ‚Millimeter‘ hinter dem Heck nach Innen kreuzen. Mir als großschifffahrtsunerfahrenen Bugmann ist die Luft weggeblieben und habe ein paar Schläge ausgesetzt und das Boot nur stabilisiert bis wir aus den Turbulenzen draußen waren. Das muss man sich erstmal trauen. Ein anderes Boot hat es nicht geschafft zu überholen und ist bis ins Ziel auf den Heckwellen geritten. Wir aber konnten so an dem Schubverband vorbeiziehen und Abstand gewinnen.
Das ist der Reiz – unvorhersehbare Situationen mit der Rheinschifffahrt und den Wellen, die sich über einen hinweg ergießen.
Die kurze Pause – gefüllt mit der Organisation der Junioren-Europameisterschaft in München/Oberschleißheim mit meinem Verein Regatta München e.V. – gab Möglichkeit sich zumindest körperlich zu erholen. Wofür nimmt man denn sonst eine Woche Urlaub?
Dann kam sie – die neue Herausforderung – 43,25km auf einem Rundkurs in Lüttich/Belgien beim 63e MARATHON INTERNATIONAL A L‘AVIRON. Fünf Runden auf quasi stehendem Gewässer mit Stadtpanorama, Brücken, sehenswerten und weniger attraktiven Bauwerken, begleitendem Straßenverkehr, Schifffahrt groß und klein. Die Mannschaften wurden nach Alter, Geschlecht und Bootsklasse mit Handicaps versehen und entsprechend zeitversetzt gestartet.
So gingen Renn- und Gigeiner, Renn- und Gigdoppelzweier, Gigdreier, Renndoppelvierer ohne Stm., Gigdoppelvierer mit Stm. und Gigfünfer an den Start und versuchten als erstes das Ziel zu erreichen.
Wir waren das gleiche Team wie auf dem Rhein zwei Wochen zuvor und sozusagen gut eingerudert. Das Wetter war perfekt, etwas Wind und wir konnten von Anfang an einige Teams überholen bis wir auf dem vierten Gesamtplatz lagen. Den drei vor uns liegenden Booten (Einer und Zweier) konnten wir einiges an Zeit abnehmen, aber trotz Sichtweite auf der letzten Runde kamen wir an diesen nicht mehr vorbei.
Es hat uns kein anderes Boot überholt und so konnten wir als schnellster 4x+ aller gestarteten den Pokal für diese Bootsklasse gewinnen.
Beim Aussteigen aus dem Boot hat der Körper den 3Std und gut 17min Belastung Tribut gezollt. Krämpfe in beiden Oberschenkeln gleichzeitig – vielleicht kann mir jemand einen Tipp geben wie man aus einer solchen Situation einigermaßen würdig wieder heraus kommt
Die Siegerehrung fand ohne mich statt, denn ich saß nach dem Bootsverladen schon im Zug zurück nach München und genoss das Weizenbier und die Erholung … und ging der Frage nach warum man sich solchen Strapazen aussetzt.
Jörg R(h)einhardt