38. Roseninsel 8er-Regatta auf dem Starnberger See über 12 km am 28.09.2024
Rudern kann so schön sein – großartige Landschaft, bestes Wetter, Boot liegt schon bereit – also einsteigen und los geht es.
Nun die Realität: Vor einem halben Jahr in Passau beim Inn-River-Race kämpften zwei Boote um den Sieg – eine Berliner Renngemeinschaft und ein Bayerisches Team mit mir. Beide Boote waren nahezu gleichschnell – so beschloss man diese in einem Achter Altersklasse G für die Roseninsel zusammen zu führen. Vier Wochen vor dem Event liegt einer der Berliner im Krankenhaus, ein anderer ist erkrankt und die verbleibenden zwei haben sich dann auch zurückgezogen. Forsch wie einer der Bayern ist, wird das nicht kommuniziert, sondern wild nach Ersatz gesucht und gemeldet – in Altersklasse F (60 Jahre). Ich erfahre dies kurz vor dem Meldeschluss und … dass der still und leise agierende Kamerad selber erkrankt ist und ein anderer gar keine Zeit hat teilzunehmen.
Da schau ich doch mal was geht … Zwei suchen, Zwei fragen, Zwei raus, Zwei rein … ummelden. Der eine hat eine private Einladung – beim zweiten Telefonat gibt er seine Priorität bekannt – er ist im Achter dabei. Die Wahl der neuen Kameraden ergab nun AK G (65 Jahre) – wie geplant. Bootsbeschaffung – kein Problem, da kümmert sich der Krankgemeldete. Zwei Tage vor der Regatta: ähm, krächz, hust, schnupf … der nächste Kandidat der sich abmeldet. Jetzt wird es spannend, doch man kennt seine zuverlässigen Kameraden. Anruf Donnerstagnachts kurz vor 22 Uhr … ohne Erfolg. WhatsApp-Nachricht mit Notanfrage – am Freitagmorgen kam der erhobene Daumen. Puuh, jetzt steht das Team … besser aufgestellt, richtige Altersklasse und zumindest drei, die sich gut kennen und schätzen – die Schweinfurter Karl-Heinz, Bernd und meine Wenigkeit.
Zusätzliche Besonderheit: Karl-Heinz vermittelte den Bruder eines seiner Pilgerkollegen, der für zwei Monate nach München kommen wollte und einen Verein mit einem Boot für sich suchte – Cassio aus Brasilien. Ich habe mich der Angelegenheit angenommen und ihn untergebracht. Cassio ist ebenfalls bei der World Masters Regatta in Brandenburg gestartet. Ein guter Kamerad, der auch im Brasilianischen Ruderverband engagiert ist. Er war einer der neuen Verstärkungen in unserem Roseninselachter.
Nun zum Tag X: Treffzeit 10 Uhr – alle anwesend! Alle gesund! Steuerfrau auch da. Ohjee, unser Boot ist in der ersten Abteilung mit Schülern unterwegs, in der zweiten mit einem sehr entspannt agierenden Damenteam und zur Krönung stand am Steg neben uns ein zweites Team, welches das Boot übernehmen und rudern wollte. Sie hatten die Abteilung gewechselt und der Veranstalter hat wohl übersehen, dass der Achter dort schon mit uns besetzt war. Unsere Skulls lagen bereit, da begannen die Diskussionen, wer jetzt im Boot sitzt. Schnick, Schnack, Schnuck – nein, so geht das nicht. Also ran ans Telefon, Regattaleitung, Schweigen in der Leitung, Auflegen. 3 Minuten später der erlösende Rückruf – es ist noch ein anderes Boot frei, welches das zweite Team nutzen konnte.
Die Uhr tickte erbarmungslos: wir haben weder Zeit das Boot vom zuvor eingeschlagenen Wasser zu befreien noch dieses dem Team und den Witterungsbedingungen optimal anzupassen. Die Höhenklipse an den Dollen sind wohl noch nie umgesteckt worden und so zerbrachen diese bei unseren Versuchen. Ersatzbeschaffung … die offizielle Startzeit der dritten Abteilung ist schon vergangen. Jetzt aber los zum Start … da liegen sie noch, die 19 Boote der 3.Abteilung, wir sind das Zwanzigste.
Kaum sind wir dort, kommt der Böllerschuss als Startsignal und los ging der Ritt auf den Wellen im Wind. Zur Abwechslung kamen gefühlt horizontal einschlagende Regenschauer hinzu … eine Landschaft war kaum zu erkennen. Der Wasserstand im Boot stieg, die Füllstände der Kohlehydratspeicher sanken. Wendeboje, endlich … der bei der Fahrt zur Roseninsel gefühlte Gegenwind war bei der Rückfahrt noch stärker. Wir liegen trotz allem gut im Rennen. Ein paar wenige Boote vor uns, dann wir, nach uns eine Lücke zum Rest des Feldes. Samantha steuerte einen guten Kurs – manchmal kamen Zweifel: sind wir richtig oder alle anderen Boote? Zwei Kilometer bis zum Ziel: ein junger Mixed-Achter zwei bis drei Längen vor uns – aber fast auf der anderen Seite des Sees. Zum Ziel näherten sich die Kurse der Boote an und wir lagen nebeneinander. Kein Erbarmen, die packen wir – auf den letzten 500m konnten wir nochmal zwei Längen herausholen.
Gut gemacht Jungs und Samantha. Wir konnten den im Meldeergebnis benannten Gegner deutlich distanzieren, doch er wurde in die jüngere Klasse zurückgestuft und dann galt für uns plötzlich die Referenzzeit aus den letzten Jahren. Aber auch die haben wir unterboten.
Sieg für die Renngemeinschaft Schweinfurt, Waging, Vilshofen, München, Schleißheim, Niederpöring, Brasilien – ohne gemeinsames Training, aber mit einem starken gemeinsamen Willen und der Akzeptanz, dass jeder sich so gut einbringt, wie er es kann.
Die erwähnten Eingangsbedingungen wären genial gewesen, doch mit einer Medaille um den Hals schmeckt das Siegergetränk mindestens genauso gut.
Es waren auch unsere jungen Nachwuchsruderinnen Marie und Sarah mit Kameradinnen aus München, Lauingen, Regensburg und Würzburg im Juniorinnenachter B dabei und errangen einen dritten Platz.
Text und Fotos: Jörg Reinhardt

Die drei „Roseninsel-Schnüdel“